Ob Unternehmensverkauf, Nachfolge, Umstrukturierung, strategische Planung oder Gesellschafterwechsel – in vielen Situationen stellt sich die Frage nach dem Wert eines Unternehmens. Seit 2008 war der Standard IDW S 1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) die maßgebliche Grundlage für Unternehmensbewertungen. Nun wurde ein Entwurf zur Modernisierung des Standards IDW ES1 veröffentlicht, der zahlreiche praxisnahe Neuerungen mit sich bringt. Für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer bedeutet das: mehr Flexibilität, mehr Individualität – und eine Bewertung, die noch besser auf Ihre persönliche Situation zugeschnitten ist. Was ist neu – und was bedeutet das für Sie? Wir haben die wichtigsten Punkte für Sie zusammengefasst:
Drei Bewertungsformen für unterschiedliche Situationen
Der neue Standard IDW ES 1 unterscheidet erstmals klar zwischen drei Rollen, die Wirtschaftsprüfer:innen bei der Bewertung einnehmen können. Je nach Anlass und Zielstellung ist eine andere Herangehensweise sinnvoll:
1. Der/ Die neutrale Gutachter:in – für gerichtliche oder gesetzlich geregelte Bewertungen
In Situationen wie Abfindungen, Erbschaften oder gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen bewertet der Gutachter / die Gutachterin Ihr Unternehmen aus Sicht eines typischen, externen Investors – objektiv und unabhängig. Diese sogenannte objektivierte Bewertung gilt als besonders umfassend:
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- Sie erhalten ein detailliertes, gerichtsfestes Gutachten
- Alle Annahmen und zukünftige Maßnahmen (z. B. geplante Investitionen) werden umfassend geprüft
- Realistische Synergien fließen in die Bewertung ein
Ihr Vorteil: Eine besonders belastbare und nachvollziehbare Bewertung für formelle Anlässe.
2. Der/Die neutrale Sachverständige – wenn Sie Entscheidungen treffen müssen
Ob Nachfolge, Unternehmenskauf oder Umstrukturierung – hier zählt Ihre individuelle Perspektive. Bei der plausibilisierten Entscheidungsbewertung stehen Ihre konkreten Ziele und Erwartungen im Fokus:
- Ihre unternehmerischen Planungen werden auf Plausibilität geprüft
- Es erfolgt eine differenzierte Plausibilitätsbeurteilung (formell, intern, extern)
- Die Bewertung dient als fundierte Entscheidungsgrundlage
Ihr Vorteil: Eine praxisnahe Bewertung, die Ihnen wirklich bei Ihrer Entscheidung hilft – professionell begleitet, aber ohne unnötigen Formalaufwand. Das Ergebnis ist eine Stellungnahme.
3. Der Berater / Die Beraterin – für strategische Überlegungen
Wenn Sie sich einen ersten Eindruck verschaffen wollen – etwa für Preisverhandlungen oder interne Planungen – bietet der IDW ES 1 auch eine beratende Bewertungsform:
- Es wird kein Gutachten oder Stellungnahme erstellt, vielmehr ist das Ergebnis eine Wertberechnung
- Der Fokus liegt auf individueller Beratung und Entscheidungsunterstützung
- Auf Wunsch kann auf eine detaillierte Plausibilitätsprüfung verzichtet werden
Ihr Vorteil: Schnelle, flexible Einschätzungen – ideal für strategische Fragestellungen ohne Formalia

Quelle: IDW ES 1 n.F
Weitere Neuerungen im Überblick
- Mehr Gewicht für zukunftsgerichtete Planung
Künftig prüft der/die Wirtschaftsprüfer:in nicht nur, was bereits beschlossen ist, sondern auch, ob die Planung insgesamt plausibel ist. Auch noch nicht beschlossene, aber realistische Vorhaben – z. B. Investitionen oder Umstrukturierungen – können einbezogen werden. Das macht die Bewertung deutlich zukunftsorientierter und aussagekräftiger. - Synergien werden umfassender berücksichtigt
Vorteile aus Kooperationen oder Zusammenschlüssen – sogenannte Synergien – dürfen künftig einbezogen werden, sofern sie plausibel erscheinen. Das verbessert Ihre Verhandlungsposition und sorgt für realistischere Ergebnisse. - Mehr Flexibilität bei steuerlichen Modellen
Bei der Bewertung können steuerliche Effekte individueller angepasst werden: z. B. durch die Annahme einer Kapitalgesellschaft als Eigentümer:in oder einer fiktiven Körperschaft bei Personengesellschaften. So lassen sich steuerliche Besonderheiten gezielter abbilden.
Moderne Methoden für mehr Praxisnähe
Neben den großen inhaltlichen Neuerungen bringt der Entwurf auch viele kleinere Erleichterungen für die Praxis:
- Marktpreisvergleiche (z. B. mit anderen Unternehmen oder Börsenwerten) dürfen künftig stärker berücksichtigt werden.
- Die Bewertung darf mit einem konstanten Kapitalisierungszins erfolgen – das vereinfacht die Berechnungen.
- Die Planungszeit kann auf drei Phasen ausgeweitet werden, um z. B. einen Wandel im Geschäftsmodell oder neue Märkte besser abzubilden.
Fazit: Besser vorbereitet. Besser bewertet.
Mit dem neuen IDW ES 1 wird die Unternehmensbewertung deutlich individueller und flexibler. Sie profitieren von maßgeschneiderten Bewertungsansätzen, die Ihre tatsächliche Situation widerspiegeln – sei es bei einer Nachfolge, einem Verkauf, einer Schenkung oder zur strategischen Ausrichtung.
Unser Tipp: Lassen Sie sich frühzeitig beraten, welche Bewertungsform zu Ihrem Vorhaben passt. Als Kanzlei begleiten wir Sie gerne auf dem Weg zur passenden Bewertung – damit Sie fundierte Entscheidungen treffen und Ihre Interessen optimal vertreten können. Sprechen Sie uns gerne jederzeit an!